Sakamoto Days – Folgen 1 und 2
Sonntag, den 2. Februar 2025 von Stefan Dreher – 10 Minuten LesezeitAlso, ich sollte diese Rezensionen wohl mit einem kleinen Disclaimer beginnen: Ich bin momentan beim Manga zu Sakamoto Days voll im Thema – seit seinem Debüt 2020 lese ich ihn ununterbrochen. Zwar zählt die Serie nicht ganz zu meinen absoluten Favoriten im aktuellen Jump-Portfolio, aber sie ist zweifelsohne ein unterhaltsamer Manga, den ich wöchentlich genieße, und insgesamt hatte ich wirklich viel Spaß damit. In dieser Zeit hat sich zudem eine beachtliche Leserschaft aufgebaut, vor allem unter den Shonen-Jump-Fans im Westen, und schon seit einiger Zeit drängt die Nachfrage nach einer Anime-Adaption.
Nach langer Wartezeit haben uns nun die Leute von TMS Entertainment eine Anime-Version beschert – und Netflix hat sie in sein Streaming-Programm aufgenommen. Dabei wird der Serie nicht nur deutlich mehr Nachdruck verliehen als bei vielen anderen Anime-Angeboten, sondern sie soll auch ein breiteres Publikum ansprechen, nicht nur eingefleischte Anime-Fans.
Vor diesem Hintergrund versteht sich von selbst, dass der Druck immens ist, einen Hit zu landen – doch hat das bisher Gelieferte dem Hype standgehalten?
Bisher würde ich sagen: überwiegend ja. Das Konzept der Serie ist sehr simpel: Taro Sakamoto galt einst als der gefürchtetste und zugleich verehrte Attentäter der Unterwelt, bis er sich verliebte und beschloss, sein kriminelles Leben hinter sich zu lassen.
Jetzt verbringt er seine Tage in Ruhe als Betreiber eines kleinen Kiosks – gemeinsam mit seiner Frau Aoi und seiner Tochter Hana – bis zu dem Tag, an dem ein telepathischer Auftragskiller namens Shin auftaucht, der mit einem Auftrag seiner Vorgesetzten erscheint: Entweder soll Sakamoto zurück ins Attentäter-Dasein geholt oder, weil er aussteigen wollte, für seinen Ausstieg getötet werden.
Wie Shin bald feststellt, heißt es jedoch nicht, dass Sakamoto, nur weil er etwas aus der Form geraten ist, ihm nicht gleich sechsmal das Genick brechen könnte. Und als Sakamoto sich entscheidet, Shins Leben nicht nur zu verschonen, sondern ihm sogar einen Job anzubieten, wird Shin als Angestellter in Sakamotos Laden tätig. Später sehen wir, wie er einer Mafia-Erbin namens Lu Xiaotang ein ähnliches Angebot unterbreitet – und beide werden unter der Bedingung in seine „Keine-Tötungs“-Familie aufgenommen, dass sie sich strikt an diese Regel halten. Leider hat die Unterwelt nicht vor, Sakamoto ein ruhiges Leben zu gönnen, und allerlei Auftragskiller haben nun ein Auge auf das fette Kopfgeld, das auf ihm ausgesetzt ist.
Das ist ein ziemlich gelungenes Setup für eine Action-Komödie, und was die komödiantische Seite angeht, macht die Serie bisher einen wirklich guten Eindruck. Das Timing der Witze in den ersten beiden Episoden ist solide, und die Show gelingt es, kleine Gags perfekt zu inszenieren – etwa die vielen Vorstellungen, wie Shin sich ausmalt, dass Sakamoto tötet, wenn er versucht, seine Gedanken zu lesen, oder Sakamotos sichtbare Panik bei dem Gedanken, dass Aoi sich von ihm scheiden lassen könnte, falls er jemanden umbringt.
Auch der Dub kommt bisher gut rüber. Anfangs war ich etwas besorgt, da viele der angekündigten Sprecher aus Live-Action-Produktionen stammen – denn diese Talente überzeugen nicht immer im Voice Acting –, aber Dallas Liu schafft es, Shin als aufrichtig darzustellen, sodass ich seine Entscheidung, sein altes Leben hinter sich zu lassen und mit Sakamotos Familie zu leben, gut nachvollziehen kann. Matthew Mercer hingegen ist in der Anime-Welt keineswegs unbekannt und bringt Sakamotos kompromisslose Art gegenüber Shin großartig rüber, wodurch deren Dynamik durchgehend für Lacher sorgt. Bei Rosalie Chiang als Xiaotang bin ich etwas zwiegespalten, da sie im Vergleich zum übrigen Hauptcast etwas steifer wirkt – allerdings leistet sie in den Szenen, in denen Xiaotang in Erinnerungen an ihre Eltern versinkt, durchaus eine solide Arbeit. Möglicherweise wird sie in den kommenden Episoden noch mehr in ihre Rolle hineinwachsen.
Ich schätze auch, dass im Dub einige der mageren Witze über Sakamoto abgemildert wurden, denn diese gehören zu den schwächeren Elementen des frühen Teils der Geschichte. Zwar sind sie noch nicht völlig verschwunden, aber erträglicher geworden. Ein abschließendes Urteil möchte ich mir allerdings noch vorbehalten, bis wir mehr von der Besetzung hören – aber im Moment wirkt alles ziemlich solide.
Sakamoto Days Episode 1 ist zwar nicht fehlerfrei, aber es zeichnet sich durch seine gesunde Geschichte aus.
Ich nehme an, dass es gerade die Action-Sequenzen dieser Action-Komödie sind, nach denen ihr alle urteilen wollt – und was diesen Teil der Show angeht, bin ich zwiegespalten. In den Monaten zwischen der Ankündigung des Animes und seiner Ausstrahlung gab es bei Fans Kontroversen, dass ein so heiß erwarteter Shonen-Action-Titel einem weniger auf Action fokussierten Studio wie TMS überlassen wurde, anstatt etwa Madhouse oder MAPPA – und das Filmmaterial aus den frühen Trailern wirkte nicht besonders inspirierend.
Als Gelegenheitsleser des Mangas war ich etwas besorgt, was uns hier erwarten würde, aber bisher scheinen die Ergebnisse mehr oder weniger in Ordnung zu sein – nicht spektakulär, aber keineswegs ein regelrechtes Desaster. Masaki Watanabe mag zwar kein hochkarätiger Anime-Regisseur sein, aber er ist schon lange im Geschäft, und diese Erfahrung spiegelt sich in seinen Szenen wider.
Die Action-Sequenzen vermitteln hervorragend, wie comicartig übermenschlich Sakamoto ist – ob er nun Kugeln mit einem Bonbon ablenkt oder eine Gruppe Handlanger mit seiner unglaublichen Beweglichkeit überwältigt, er erscheint stets als unaufhaltsame Naturgewalt. Zwar ist die gezeigte Animation nicht besonders flüssig, aber die Action ist durchgängig gut inszeniert, und etwaige Mängel werden durch clevere Schnitte und eindrucksvolle Impact-Frames wettgemacht.
Natürlich fällt der Unterschied im Vergleich zu anderen hochkarätigen Jump-Adaptionen wie Jujutsu Kaisen oder Kaiju No. 8 ziemlich stark ins Gewicht, und ich habe Verständnis für Fans, die enttäuscht sind, dass diese Serie nicht die gleiche Produktionsqualität erhalten hat. Andererseits würde ich lügen, wenn ich sagen würde, dass ich den aktuellen Trend hochkarätiger Battle-Shonen-Adaptionen nicht auch mit gemischten Gefühlen betrachte – denn auch diese sind nicht ohne Probleme, sei es hinsichtlich des Tempos oder des enormen Drucks, unter dem die Animatoren stehen.
Zwischen Trailern, die reichlich Material aus späteren Episoden zeigen, und der Tatsache, dass hier ein Simuldub am selben Tag läuft, kann man zumindest davon ausgehen, dass die Produktion auf Kurs ist und vermutlich nicht unter horrendem Zeitdruck steht. Wenn die Wahl besteht zwischen so etwas wie diesem und einer atemberaubenden, aber so schlecht terminierten Produktion, bei der Animatoren zusehen müssen, wie ihr Studio zugrunde geht, wäre dies das kleinere Übel.
Offen gesagt: Da ich mit populären Shonen-Adaptionen aufgewachsen bin, die oft mittelmäßiger produziert waren als die aktuellen, liegt diese Serie mindestens ein paar Stufen darüber. Auch wenn sie optisch sicherlich noch besser sein könnte, glaube ich nicht, dass das einen allzu großen Einfluss auf ihre Gesamtbeliebtheit haben wird. Ich gebe zu, dass ich viel kritischer wäre, wenn der Manga zu meinen absoluten Jump-Favoriten zählen würde – und sollte die Produktion sichtbar nachlassen, werde ich ohne Zögern meinen Unmut äußern. Bis dahin möchte ich jedoch vermeiden, zu sehr darauf zu beharren, was sie nicht ist.
Alles in allem hatte ich aber mit diesen ersten beiden Episoden großen Spaß. Es war schön, die stärker komödiantischen Elemente der Geschichte wieder aufleben zu sehen, und mir gefällt die Dynamik der „gefundenen Familie“ zwischen Sakamoto und seinen Schützlingen.
Die Serie gelingt es außerdem, Sakamoto als sympathischen Protagonisten zu präsentieren – hinter seinem rauen Äußeren verbirgt sich ein Typ, der sich um seine Mitmenschen kümmert, was man daran erkennt, dass er nicht zögert, Shin und Xiaotang zu helfen, selbst nachdem letzterer ihn beinahe töten wollte.
Da diese Elemente zentral dafür sind, was diese Serie ausmacht, freut es mich sehr, dass sie erhalten geblieben sind, und hoffentlich wird dieser Geist auch dann bewahrt, wenn sich die Handlung zuspitzt. Ich bin jedenfalls gespannt, wie gut diese Adaption den allmählichen Übergang zu einem stärker actionorientierten Plot meistert – bislang scheint dieser Aspekt zwar nicht überwältigend zu sein, aber er reicht aus, um mir trotz fehlender spektakulärer Momente weiterhin Spaß zu bereiten.
Vielleicht wird es ja kein Blockbuster, aber wenn er seinen Kurs beibehält, hoffe ich, dass sowohl Fans als auch Neulinge auf ihre Kosten kommen.